Zwei Tage nach seinem 94. Geburtstag verstarb am 10. 02. 2021 Prof. Dr. Heinz Schuster, sorbisch Hinc Šewc, einer der führenden deutschen Sorabisten und Slawisten. Geboren am 8. Februar 1927 in Purschwitz/Poršicy in der Oberlausitz, wuchs er in einem zweisprachigen Dorf auf. Der 1944 zur Wehrmacht eingezogene junge Sorbe nahm nach dem Krieg an einer Neulehrerausbildung teil, um dann zwei Jahre als Lehrer und Schulleiter zu arbeiten. 1948 erhielt er die Möglichkeit zu einer Hochschulausbildung in Polen, wo er bei führenden polnischen Slawisten in Krakau/Kraków studierte. Nach seiner Promotion an der Humboldt-Universität berief man ihn 1955 als Dozenten für Sorbisch an die Universität Leipzig, wo er die sorabistische Lehrerausbildung übernahm. Seine Habilitationsschrift von 1962 war der historischen Lexikologie und Etymologie slawischer Sprachen gewidmet. 1964 wurde er zum Professor berufen und zum Direktor des Institus für Sorabistik ernannt. Diese Funktion nahm er bis zu seiner Emeritierung 1992 wahr. 1988 wählte ihn die Sächsische Akademie der Wissenschaften in Leipzig zu ihrem ordentlichen, 1997 die Polnische Akademie der Wissenschaften und Künste in Krakau zu ihrem korrespondierenden Mitglied. Seine Publikationsliste umfasst über 500 Veröffentlichungen zur Sorabistik und Slawistik, darunter mehrere Bücher. Als wichtigste seien hier genannt: die Chrestomathie „Sorbische Sprachdenkmäler“, die Publikation „Das Neue Testament der niedersorbischen Krakauer (Berliner) Handschrift“, die „Gramatika hornjoserbskeje rěče“ in zwei Bänden für den Schulunterricht. Sein Gesamtwerk krönt das fünfbändige „Historisch-etymologische Wörterbuch der ober- und niedersorbischen Sprache“, das grundlegende Bedeutung auch für die sorbische Namenkunde hat. Die historisch orientierte Orts-, Personen- und Stammesnamenforschung kommt ohne Bezugnahme auf Etymologie und Bedeutung sorbischer Wörter und die dazu gebotenen urslawischen Formen nicht aus. Die wichtigsten Aufsätze von Heinz Schuster-Šewc enthält der vom Domowina-Verlag im Jahre 2000 herausgegebene Sammelband „Das Sorbische im slawischen Kontext“. In einer dieser Studien geht es um „Ortsnamen der Niederlausitz und sorbische Sprachgeschichte“. Darüber hinaus leistete Heinz Schuster-Šewc weitere wichtige Beiträge unmittelbar zur sorbischen Namenkunde. Von grundlegender Bedeutung sind seine Anmerkungen zum Erscheinen des 4. Bandes „Slawische Ortsnamen zwischen Saale und Neiße“ von Ernst Eichler“ (Lětopis 57/1 (2010) 123-154) sowie seine in drei weiteren Aufsätzen behandelten Ortsnamen der Lausitz, in denen kritisch zu bisherigen Deutungen Stellung genommen wird (Lětopis 55/2 (2008), 94-108; 56/2 (2009), 103-124; 58/1 (2011),116-130). Mehreren Landschaft-, Stammes- und Völkernamen sind umfangreiche Stichwörter im „Historisch-etymologischen Wörterbuch“ gewidmet, so den Namen oso. Łužica (Lausitz), Milčenjo, 870 Milzane (Stamm in der Oberlausitz), Serb (Sorbe) und anderen.
Walter Wenzel